Hi, ich bin Melina und 28 Jahre alt. Ich habe meinen Master in Wirtschaftsinformatik gemacht und arbeite jetzt als Projektmanagerin in der IT. Ich liebe es Klavier zu spielen, backe gerne oder mache oft Sport. Außerdem verbringe ich meine Freizeit gerne mit meiner Familie, Freunden und meinem Hund. Bei mir wurde vor fast 3 Jahren systemischer Lupus erythematodes diagnostiziert.
Ich war erleichtert. Ich hatte monatelang unerträgliche Schmerzen, Schwellungen und Bewegungseinschränkungen und lag über meinen 26. Geburtstag im Krankenhaus. Einen Tag nach meinem Geburtstag erhielt ich die Diagnose systemischer Lupus erythematodes. Ich erinnere mich noch, wie ich am Abend im Krankenhausbett lag und vor Erleichterung weinte. Ich wusste endlich, was mit meinem Körper nicht stimmt und wogegen ich ankämpfen konnte und musste.
Ich war aber auch geschockt, da es sich um eine unheilbare Krankheit handelt. Ich hatte das Gefühl, dass ich bei null anfange und meinen Körper auf eine völlig neue Art kennenlernen muss. Ich musste mich erstmal informieren, was überhaupt systemischer Lupus erythematodes ist, da ich vorher noch nie davon gehört hatte.
Mir geht es mal besser und mal weniger gut, denn ich bin immer noch nicht schmerzfrei. Es ist ein auf und ab. Ich wusste, dass es Zeit brauchen würde, bis die Therapie anschlägt. Ich hätte allerdings nicht erwartet, dass selbst nach fast 3 Jahren noch keine passende Behandlung gefunden wurde. Ich versuche trotzdem alles so normal wie möglich in meinem Alltag zu machen und will mich so wenig wie nötig einschränken.
Meine Familie und Freunde sind auch im Alltag immer für mich da, wenn ich Hilfe brauche. Auch wenn es nur das Befüllen der Wärmeflasche oder das Abholen von Medikamenten ist.
Die größte Herausforderung war für mich die Akzeptanz, dass ich andere Grenzen habe als vor der Diagnose. Wenn ich zu lange Klavier spiele, habe ich am nächsten Tag Schmerzen in den Fingern. Wenn ich zu intensiv Sport mache, habe ich am nächsten Tag Schmerzen in den Knien. Mittlerweile kann ich meinen Körper besser einschätzen. Ich weiß, wann ich mit etwas aufhören muss, damit es mir am nächsten Tag gut geht und mein Hobby mir nicht schadet. Ich musste meinen Körper und die Grenzen komplett neu kennen lernen und langsam wieder mit meinen Hobbies beginnen. Eine weitere große Herausforderung ist für mich, meine Gesundheit oder Bedürfnisse an erster Stelle zu setzen. Ich lerne immer noch, dass es in Ordnung ist, Verabredungen abzusagen, wenn es mir nicht gut geht, oder bestimmte Lebensmittel abzulehnen, wenn ich bei jemandem zu Besuch bin.
Ich versuche seit der Diagnose mit meiner Krankheit offen umzugehen, damit erst keine Hemmungen entstehen können. Mit meinen Freunden und meiner Familie rede ich immer offen darüber und beantworte alle Fragen so ausführlich wie möglich. Manchmal fühle ich mich noch unsicher, wenn ich mit Menschen darüber spreche, die ich nicht gut kenne. Ich frage mich oft, wie ausführlich ich meine Situation erläutern sollte oder wann der richtige Zeitpunkt ist, sie anzusprechen. Ich möchte nicht, dass sich mein Leben nur um den Lupus dreht oder ich mich darüber definiere, denn er ist nur ein Teil von mir.
Dennoch finde ich es wichtig über die Krankheit offen zu reden und aufzuklären, vor allem da sie sehr unbekannt ist.
Ich habe die Diagnose während meiner Studienzeit bekommen, daher hat sich mein Studentenleben stark verändert. Es war leider oft der Fall, dass ich mich am Tag der Prüfung wieder abmelden musste, weil ich zu starke Schmerzen hatte oder meine Finger nicht bewegen konnte. Auch das Lernen fiel mir in dieser Zeit durch die Schmerzen, Einschränkungen und ständige Müdigkeit schwer. Dadurch habe ich viel Zeit verloren. Ich habe mein Studium dank eines Nachteilsausgleichs trotzdem erfolgreich beenden können. Dieser hat es mir ermöglicht die Prüfungen mündlich, anstatt schriftlich zu absolvieren. Mittlerweile habe ich einen Vollzeitjob und bin durch die Arbeit am Laptop nicht eingeschränkt. Außerdem habe ich die Möglichkeit im Home-Office zu arbeiten, was bei leichten Schmerzen angenehmer ist.
Die Reaktionen waren bisher immer sehr verständnisvoll und neugierig. Die meisten kennen Lupus nicht und stellen mir dann einige Fragen. Ich glaube, dass ich mir bisher immer mehr Sorgen über die möglichen Reaktionen gemacht habe, als es nötig war. Denn bisher habe ich noch keine negativen Erfahrungen gemacht.
Durch den Lupus kann ich leider nicht mehr so oft und lange Klavier spielen wie früher. Die schweren Stücke sind sehr anstrengend und funktionieren wegen der Schmerzen und Beweglichkeit nicht immer. Ich spiele trotzdem so gut es geht weiter und mittlerweile ist das Klavierspielen die beste Ergotherapie für mich.
Seit ich Lupus habe gehe ich regelmäßig schwimmen oder ins Fitnessstudio, was ich davor nur ab und zu gemacht habe. Wenigstens bin ich durch den Lupus viel sportlicher und fitter geworden. Mir geht es viel besser, wenn ich mich regelmäßig bewege und trainiere.
Wenn ich merke, dass ich mir in meiner Freizeit zu viel vorgenommen habe, dann gönne ich mir auch mal einen Tag, an dem ich mich ausruhe und nichts mache.
Wenn es mir nicht gut geht oder ich frustriert bin, dann höre ich gerne klassische Musik. Am liebsten Klavier oder Violine. Die Musik bringt mich immer wieder runter und lässt mich entspannen und abschalten.
Ich würde meinem Vergangenheits-Ich sagen, dass es okay ist, wenn sich die Freundschaften verändern und ich nicht den Fehler bei mir suchen soll. Nicht alle Freunde haben Verständnis, wenn Verabredungen abgesagt werden müssen oder es einem nicht gut geht.
Ansonsten würde ich meinem Vergangenheits-Ich noch sagen, dass es weiterhin so positiv und motiviert bleiben soll, aber auch Schwäche zulassen muss.