Hinweis: Bei diesem Artikel handelt es sich um rein informativen Inhalt. Die Informationen ersetzen zu keinem Zeitpunkt eine ärztliche Behandlung und Beratung. Entscheidungen bzgl. Medikation und Therapie müssen unbedingt ärztlich abgesprochen werden.
Hattest Du schon einmal das Gefühl, dass sich Stress negativ auf Dein auswirkt? Mit dem Verdacht lagst Du vermutlich nicht ganz falsch. Neue Studien, die auf dem Kongress der European League Against Rheumatism (EULAR) vorgestellt wurden, zeigen, dass tatsächlich Zusammenhänge zwischen Stress und verstärkten Entzündungen und Rheumaschüben bestehen können. Im Folgenden stellen wir Dir drei Kernaussagen aus den Studien vor.
Dass Stress zum Leben dazugehört, ist keine Überraschung. An und für sich muss das auch nicht unbedingt negativ sein - Stress kann uns dazu bringen, uns besser zu konzentrieren und auch unser Leistungsniveau erhöhen. Problematisch wird es jedoch, wenn wir über einen längeren Zeitraum gestresst sind, ohne uns von der Belastung erholen zu können. Zur Beurteilung des Einflusses von Stress auf die Erkrankung untersuchten Forscher in Pakistan 507 Personen mit Rheumatoider Arthritis. 36 Prozent der Teilnehmenden erlebten während der Untersuchung über einen längeren Zeitraum erheblichen Stress (=chronischer Stress) aufgrund von Ereignissen wie Scheidung, finanziellen Schwierigkeiten, Tod oder Krankheit eines nahen Angehörigen. Hierbei stellte sich heraus dass die Personen, die diese Negativform von Stress erlebt hatten - selbst wenn dieser bereits ein Jahr zurücklag -, eine aktivere Erkrankung hatten als die stressfreie Vergleichsgruppe. Eine der Schlussfolgerungen der Autoren war, dass verschiedene Maßnahmen zur Stressbewältigung eine wertvolle Ergänzung zur herkömmlichen medikamentösen Behandlung sein können, um die Krankheitsaktivität zu reduzieren. (1)
Das eigene Zuhause sollte ein Ort sein, an dem wir uns von äußeren Stressfaktoren erholen und abschalten können. Doch trifft das auch immer zu? Die zuvor erwähnte pakistanische Forschergruppe bat die oben genannte Teilnehmergruppe, zu beurteilen, wie gestresst sie sich zu Hause fühlten.
Mit 48 Prozent gab hier fast die Hälfte der Befragten an, sich zu Hause mäßig oder stark gestresst zu fühlen.
Die Vergleichsgruppe fühlte sich wenig bis gar nicht gestresst. Als das Stressniveau der Teilnehmer mit ihrer Krankheit in Verbindung gebracht wurde, stellte sich heraus dass diejenigen, die sich stärker gestresst fühlten, auch vermehrt eine höhere Krankheitsaktivität sowie mehr betroffene Gelenke aufwiesen. Diese Ergebnisse machen deutlich wie wichtig es ist, Strategien zur Bewältigung von Stress zu entwickeln, dem wir alle von Zeit zu Zeit ausgesetzt sind - auch in den eigenen vier Wänden. Hierzu sollte die Identifizierung von Stressfaktoren im heimischen Umfeld in die Behandlung von Patienten mit Rheumatoider Arthritis einbezogen werden, um zu ermitteln wie die persönliche Stresssituation verbessert und damit auch Krankheitsaktivität und -verlauf positiv beeinflusst werden können. (2)
Wir alle wissen, dass wir Menschen um uns herum brauchen, auf die wir uns verlassen können und bei denen wir uns sicher fühlen. Aber kann unser soziales Netz auch die Krankheitsaktivität unserer RA beeinflussen? Fehlende Bindungen resultieren oftmals in Einsamkeit, die ein sehr starker Stressfaktor sein kann. Eine schwedische Studie, die ebenfalls auf dem EULAR-Kongress vorgestellt wurde, untersuchte daher unter anderem ob sich ein Mangel an sozialer Unterstützung auf die Krankheitsaktivität bei RA auswirken kann. Es zeigte sich, dass das Fehlen sozialer Bindungen - also das Fehlen von Menschen, die einen unterstützen wenn man sie braucht - die Wahrscheinlichkeit einer Remission (ein Abklingen oder Verschwinden der Symptome) verringert. Dieser Zusammenhang wurde sowohl kurz- als auch langfristig beobachtet und war bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern. Besonders anfällig für durch fehlende Bindungen verursachten Stress waren Personen, die durch Rauchen, Übergewicht oder Bewegungsmangel weitere Risikofaktoren für einen schwererer Krankheitsverlauf aufwiesen. (3)
Die Aussage, man möge doch sein Stresslevel reduzieren, verursacht nicht selten Unverständnis und zusätzlichen Stress und sollte nicht als Aufforderung oder Belehrung verstanden werden. Vielmehr geht es darum die ermutigende Tatsache aufzuzeigen, dass wir durch bestimmte Einflussfaktoren und Vorkehrungen die Möglichkeit haben, etwas gegen Stress zu tun oder diesem vorzubeugen und so die Erkrankung positiv zu beeinflussen. Im Folgenden möchten wir Dir ein paar Möglichkeiten aufzeigen, wie Du aktiv werden und Deine persönliche Stressbewältigung selbst in die Hand nehmen kannst.
Meditieren mag schwierig und vielleicht abschreckend klingen, aber es muss nicht unbedingt kompliziert sein. Es geht darum, ein paar Minuten lang einfach durchzuatmen und sich auf die Gegenwart zu konzentrieren. Solche Übungen können tatsächlich zu körperlichen Veränderungen im Stresszentrum des Gehirns führen und Dich auch bei der Bewältigung belastender Momente unterstützen. Wenn Du nicht weißt wo Du anfangen sollst, gibt es eine ganze Reihe an digitalen Angeboten, mit denen Du Dich herantasten kannst: als App, Hörbuch oder Youtube-Video. Gib nicht direkt auf, sollte es nicht auf Anhieb klappen - jede Verhaltensänderung, so auch die Einübung von Meditation, braucht Zeit- setze Dich nicht unter Druck und habe Geduld mit Dir.
Eine weitere tolle Möglichkeit des Ausgleichs ist Zeit im Freien. Studien belegen, dass sich bereits zwei Stunden Aufenthalt in der Natur pro Woche positiv auf die Gesundheit und den Stresspegel auswirken. Das gilt auch dann, wenn Du diese Stunden auf mehrere, kürzere Zeiträume aufteilst. So kannst Du auch in intensiveren Phasen der Erkrankung und der Einschränkungen mit kleinen Schritten für entspannende Momente sorgen. (4)
Um den Tücken des Alltags entgegenzuwirken ist es wichtig, insbesondere in Deiner Freizeit und zu Hause Momente der Entspannung und der Selbstfürsorge zu etablieren. Hier kann es bereits helfen, Dir durch etwas leckeres zu Essen oder ein warmes Bad etwas Gutes zu tun und so Dein Stressniveau zu reduzieren.
Neben bewusster Zeit für Dich selbst kannst Du auch durch die Interaktion mit Menschen, die Dich mögen und Dir wichtig sind, positiv auf Dein Stressniveau und Deine Krankheitsaktivität Einfluss nehmen. Solltest Du hier aktuell niemandem in deinem Umfeld haben, mit dem Du gerne in Kontakt stehst, kannst Du über Organisationen wie die Deutsche Rheuma-Liga, Online-Foren oder Social Media Kanäle andere Betroffene kennenlernen und Dich austauschen.
(1) Haroon M, Asif S, Batool S, et al POS0310 EXPOSURE TO MAJOR PSYCHOLOGICAL TRAUMA OR STRESS IN THE PRECEDING ONE YEAR SIGNIFICANTLY CONTRIBUTES TO POOR DISEASE CONTROL IN PATIENTS WITH RHEUMATOID ARTHRITIS: SINGLE CENTRE RESULTS FROM THE PRIME REGISTRY COHORT Annals of the Rheumatic Diseases 2021; 80:381. Available at: https://ard.bmj.com/content/80/Suppl_1/381.2
(2) Haroon M, Hashmi F, Ullah S, et al POS0589 PREVALENCE AND SEVERITY OF STRESS AT HOME AMONG PATIENTS WITH RHEUMATOID ARTHRITIS: SINGLE CENTRE RESULTS FROM THE PRIME REGISTRY COHORT Annals of the Rheumatic Diseases 2021; 80:527. Available at: https://ard.bmj.com/content/80/Suppl_1/527.2
(3) Hedenstierna L, Hedström AK, Klareskog L, et al POS0484 THE ASSOCIATION BETWEEN SOCIAL STRESSORS AND DISEASE REMISSION AMONG MEN AND WOMEN WITH EARLY RHEUMATOID ARTHRITIS Annals of the Rheumatic Diseases 2021; 80:474-475. Available at: https://ard.bmj.com/content/80/Suppl_1/474
(4) White MP, Alcock I, Grellier J, Wheeler BW, Hartig T, Warber SL, Bone A, Depledge MH, Fleming LE. Spending at least 120 minutes a week in nature is associated with good health and wellbeing. Sci Rep. 2019 Jun 13;9(1):7730. doi: 10.1038/s41598-019-44097-3. PMID: 31197192; PMCID: PMC6565732. Available at: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/31197192/