Rheuma kann je nach Schwere des Verlaufs mit vielfältigen Beeinträchtigungen bishin zur Schwerbehinderung einher gehen. Menschen, deren „körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und deren Teilhabe am Leben in der Gesellschaft daher beeinträchtigt ist.“, stehen laut Sozialgesetzbuch spezielle Rechte zu, um im Alltag entlastet zu werden. Diese Rechte sind an die Ermittlung und Einstufung des so genannten Grades der Behinderung (GdB) gebunden. Wie der GdB bei Rheuma konkret ermittelt wird, welche Kriterien bei der Beurteilung berücksichtigt werden und inwieweit betroffene Rheumapatientinnen und -patienten von einer solchen Einstufung profitieren können und was dagegen spricht, erfährst Du in diesem Artikel.
Welcher GdB bei Dir vorliegt und ob Du ein Anrecht auf einen Schwerbehindertenausweis sowie hiermit verbundene Erleichterungen hast, stellt das für Dich zuständige Versorgungsamt im Rahmen eines Antragsverfahrens fest. In einigen Bundesländern gibt es zentrale Versorgungsämter, in anderen werden die Aufgaben von kommunalen Ämtern übernommen. Entsprechend solltest Du Dich - sofern die Feststellung des GdB für Dich oder Angehörige relevant ist - vorab informieren, welche Behörde für Dich zuständig ist. Hierbei können Dich Dein Rheumatologe, Dein Hausarzt oder Selbsthilfeorganisationen wie die Deutsche Rheuma Liga unterstützen. Bei der Stellung eines Antrags solltest Du, wenn möglich, alle relevanten medizinischen Unterlagen vorlegen und mithilfe eines persönlichen Berichts erklären können, inwieweit Dich Deine rheumatische Erkrankung in Deinem Alltag einschränkt.
Der GdB wird bei rheumatischen Krankheitsbildern im Wesentlichen durch zwei Faktoren bestimmt: Die Auswirkungen von Funktionsbeeinträchtigungen im Bewegungsapparat (z.B. Bewegungsbehinderung, Minderbelastbarkeit) sowie die Mitbeteiligung von Organsystemen und hiermit verbundenen Beschwerden und Symptomen. Bei der Ermittlung des Schweregrades der Behinderung können zur Orientierung folgende Anhaltspunkte herangezogen werden:
Darüber hinaus werden die Häufigkeit der Beschwerden (z.B. Morgensteifigkeit), außergewöhnliche Rheumaschmerzen, das Vorliegen radiologisch nachweisbarer Gelenkzerstörungen sowie das Vorliegen von Begleiterkrankungen (z.B. Diabetes) bei der Einstufung des GdB berücksichtigt.
Der Nachweis einer Behinderung durch amtliche Feststellung des GdB bringt einige Vorteile mit sich und kann Dir Entlastungen ermöglichen, unter Umständen jedoch auch negative Konsequenzen mit sich bringen. Die Vor- und Nachteile haben wir Dir im Folgenden einmal gegenübergestellt:
- Steuerliche Entlastungen: Da durch eine rheumatische Erkrankung hohe finanzielle Belastungen entstehen können bietet der Staat die Möglichkeit, diese durch steuerliche Entlastungen auszugleichen. Die pauschalen Freibeträge richten sich dabei nach dem Grad der Behinderung.
- Bezuschussung des Personentransports: Solltest Du in Deiner Mobilität sehr stark eingeschränkt sein, kannst Du durch Anerkennung einer Behinderung auf unterstützende Angebote zurückgreifen. Zur Entlastung im Straßen- und Personennahverkehr kannst Du sogenannte „Merkzeichen“ beantragen, die beispielsweise die kostenfreie Beförderung im Personennahverkehr oder das Nutzen von Behindertenparkplätzen ermöglichen. Merkzeichen werden in Form von Buchstaben in Deinem Ausweis eingetragen. Das Merkzeichen “G” wird beispielsweise bei erheblicher Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr bzw. erheblicher Geh- und/oder Stehbehinderung verwendet.
- Unterstützung im Beruf: Ab einem GdB von 50 haben Betroffene Anrecht auf einen besonderen Kündigungsschutz, bis zu fünf zusätzliche Urlaubstage, die Befreiung von Überstunden sowie zahlreiche begleitende Hilfestellungen. Zuständig hierfür sind die Integrationsämter. Auch mit einem GdB von 30 oder 40 hast Du bereits Nachteilsausgleiche, die sich weitestgehend mit denen des Schwerbehindertenstatus (ausgenommen: zusätzliche Urlaubstage) decken. Um diese geltend zu machen, benötigst Du eine Gleichstellung mit Schwerbehinderten- den Antrag kannst Du bei deiner örtlichen Agentur für Arbeit stellen.
Wenngleich die Anerkennung einer Behinderung zahlreiche Vorteile bieten kann, kann sie auch Nachteile mit sich bringen, die man bedenken sollte.
- Vorurteile auf dem Arbeitsmarkt: Obwohl der GdB nichts über die Leistungsfähigkeit, Motivation oder fachliche Qualifikation eines Menschen aussagt, führen jedoch Vorurteile und Unwissenheit dazu, dass Personaler Behinderte häufig nicht einstellen. Arbeitnehmende sind jedoch nicht verpflichtet, dem Arbeitgebenden ihre Behinderung bei der Bewerbung oder bei Einstellung mitzuteilen- um die Nachteilsausgleiche letztendlich geltend zu machen, muss der Arbeitgebende aber natürlich informiert werden.
Andererseits sind Unternehmen ab einer gewissen Größe verpflichtet, eine Quote bei der Einstellung von Menschen mit Behinderung zu erfüllen - andernfalls werden Ausgleichsabgaben fällig. Dies soll einen Anreiz darstellen, behinderte Menschen einzustellen und diesen die Teilhabe am Berufsleben zu ermöglichen. Zusätzlichen Anreiz bieten hier Fördergelder und Zuschüsse, die der Arbeitgebende für jeden schwerbehinderten Angestellten erhalten kann. Darüber hinaus sind behinderte Arbeitnehmende Studien zufolge besonders motivierte, gut ausgebildete Fachkräfte und somit ein Zugewinn!
Die Feststellung eines Grades der Behinderung ist eine sehr persönliche Entscheidung, die in jedem Einzelfall abgewogen werden sollte. Solltest Du gerade mit dem Gedanken spielen den Weg des Antrags zu gehen, empfiehlt es sich in jedem Fall, vorab eine ausführliche Beratung einzuholen, damit Du Dich mit deiner Entscheidung sicher und wohl fühlen kannst. Unterstützen können Dich hierbei deine behandelnden Ärztinnen und Ärzte oder Organisationen wie der VDK, die Deutsche Rheuma Liga oder der Bundesverband Morbus Bechterew.
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